Künstlerin Susanna Katter - Ein Interview

Künstler:innen im Gespräch
Das Gespräch mit Susanna Katter führte Catia Corradini im Jänner 2025

05.09.2025
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Liebe Susanna, du bist uns vertraut als Street Artist und Malerin, hast du doch ein Sujet von einem deiner Bilder für das Cover unserer Programm-Flyer und die Plakate 2024 zur Verfügung gestellt. Auch die Urkunden für unsere Teilnehmer: innen sind mit einem Ausschnitt eines deiner anderen Werke aufgewertet.
An dieser Stelle gleich ein herzliches Dankeschön für deine Bereitschaft ein Interview für Styrian Summer Art zu geben!

SSA: Du hast an der Linzer Kunst-Universität Grafik und Fotografie studiert – wie kam die Street Art in dein Leben?

 Susanna Katter: "Ich war schon von Kind an motiviert, ich habe die Sachen auf der Straße gesehen und die haben mich sehr beeindruckt. Das war auch mein erster Bezug zur Kunst, weil meine Familie nicht künstlerisch ist. Ich habe schon als kleines Kind gemalt und fand es toll, wenn alles vollgemalt war, ich habe alles dekoriert, wo es möglich war. Meine Mutter war so nett und hat mir erlaubt die Wände zu Hause zu gestalten – so sind meine ersten Murals entstanden. Diese Malereien wurden im Halbjahres-Rhythmus gewechselt. Erst im Nachhinein betrachtet fiel es mir auf, dass ich von klein auf, riesige Wände und Bilder gestaltet habe. Als Teenager habe ich dann zu Spraydosen gegriffen und bin damit wirklich in der Nacht auf die Straße gegangen. Das war supercool, bis ich schließlich doch Geschichten gehört habe, dass Leute, die dabei erwischt wurden, sehr hohe Strafen bezahlen mussten und mein Enthusiasmus hat sich gelegt, weil mir das dann doch zu sketchy war und meine Freunde waren auch nicht so on fire dafür. Also bin ich allein mit diesem Wunsch übriggeblieben und die Bedenken haben gesiegt. Ich habe dann lange nicht gesprayt aber viel auf Leinwänden gemalt. Erst im Studium bin ich wieder dazu gekommen Murals (aber diesmal auf legalen Wänden) zu machen."

SSA: Es gibt einen eigenen Jargon in dieser Kunstform. Möchtest du uns die wichtigsten Begriffe nennen und erklären?

Susanna Katter: "Es gibt den Begriff "cut" oder "cutten" damit ist die Technik gemeint, dass man mit der Hintergrundfarbe immer wieder über eine gesprühte Linie oder Fläche gehen kann und so feine Linien, Ecken und Kanten zustande bringt, die sonst nicht möglich sind, da die Spraydose nicht so fein ist, dass feine Spitzen oder Ähnliches machbar wären. So arbeitet man also abwechselnd mit dem Hintergrund und dem Vordergrund. "Tags" sind Schriftzüge, die meistens den Namen von Künstler: innen zeigen. Diese Unterschriften sind meist künstlerisch gestaltet, manche davon sind stark verfremdet oder verzerrt, andere gut leserlich. "Murals" sind legale Wandmalereien im Unterschied zu Graffitis, die eher im illegalen Bereich angesiedelt sind und häufig nur Schriftzüge zeigen. "Throw up": illegaler Schriftzug, der ganz schnell entsteht und sich häufig nur auf "Out Lines" beschränkt."

SSA: Wie entsteht ein Mural von dir? Gibt es Helfer / oder bist du oder warst du Teil einer Crew?

Susanna Katter: "Ich bin in keiner Crew, ich bin allein und nur ab und zu habe ich Helferlein. Ich beginne mit einem Entwurf, den ich ausgearbeitet habe. Dann wird der Entwurf mithilfe eines "Grid" oder "Doodle Grid" (eine Art Raster, wo man aber nicht so viel messen muss) vergrößert. Dafür braucht man ein Smartphone oder Pad wo man Entwurf und Grid übereinanderlegen kann und die Kreuzungspunkte als jeweilige Orientierungspunkte für die Vergrößerung auf der Wand nutzt. Das geht leicht, wenn man das gezeigt bekommt, es geht hier darum die Proportionen des Entwurfs möglichst gut zu übertragen, denn wenn man vor einer großen Wand steht, ist das nicht mehr so einfach. Nach der Übertragung des Entwurfs folgt dann der Rest..."

SSA: Graffiti, Wandmalereien und Street Art gibt es seit Menschengedenken, wie erklärst du dir, dass die Bilder etwa bei den Murals von den Innenwänden den Weg nach draußen gefunden haben?

Susanna Katter: "Diese Kultur ist aus einem Bedürfnis der Menschen heraus entstanden sich auszudrücken. Auf der Straße, wo das Ergebnis von der Öffentlichkeit gesehen werden kann, macht das am meisten Sinn. Was die Höhlenmalereien angeht, haben diese sicher materialbedingt eher überdauert, weil Malereien im Außenbereich verwittern. Es gibt auch außenliegende urzeitliche Malereien, die aber nicht so häufig erhalten geblieben sind."

SSA: Wie siehst du die Rolle von Protest oder Feminismus oder die soziale Bedeutung in deiner Kunst? Ich spiele da auf das "Mexican fighter girl " von dir an, das eine Halfpipe ziert.

Susanna Katter: "Ja, Feminismus spielt auf jeden Fall eine Rolle in meinen Arbeiten, aber nicht immer. Zu zeigen, dass Frauen nicht schwach sind, dass Frauen groß, laut, stark und breit sein dürfen hat mich schon immer beschäftigt, weil ich mich auch selbst so sehe. Es fließt aber ganz unbewusst und natürlich in meine Arbeit ein. Kunst spielt auf jeden Fall eine große soziale Rolle. Sie vermittelt auch unterschwellig Inhalte und kann Personengruppen erreichen, die sich vielleicht per se nicht mit diesen Inhalten beschäftigt haben. Es kann ein sehr humorvoller oder spielerischer Akt sein, mit dem man diese Themen aufgreift, das finde ich auch spannend daran."

SSA: Das Jahr 2024 war ein aktives Jahr für dich, was planst du für die Zukunft?

Susanna Katter: "Auf jeden Fall sind einige Ausstellungen geplant und einige Murals, auf die ich mich sehr freue. Ich hoffe, dass es heuer zu einer Art-Residency kommt."

SSA: Wir freuen uns schon drauf, wenn du wieder in Pöllau mit Styrian Summer Art beim farben.formen.festival einen Workshop gibst! Worauf richtet sich dein Hauptaugenmerk in deinen Workshops?

Susanna Katter: "Am Workshop finde ich spannend, mit so vielen unterschiedlichen Charakteren und Altersstufen zu arbeiten. Kinder, Erwachsene, Jugendliche, Anfänger: innen, Fortgeschrittene und Künstler: innen – die vielen unterschiedlichen Bedürfnisse, Interessen und Fähigkeiten inspirieren mich. Es ist spannend verschiedene Zugänge zu vermitteln und wieder auf einen gemeinsamen Nenner zusammenzuführen. Es geht darum das umzusetzen, was in den Köpfen der Teilnehmer: innen ist und herauszufinden, was diese gerne machen möchten. Ich mag es die Unterstützerin zu sein, die zeigt, wie man mit dem Werkzeug umgeht. Vor allem deswegen bin ich ein Fan von diesem Kurs, weil man lernt, wie man eine kleine Skizze in eine riesige Wandmalerei verwandelt, da liegt mein Fokus. Denn mit der Spraydose kann jeder zu Hause selbst üben, da ist es nicht möglich in 3 Tagen zum Profi zu werden. Aber die ganzen praktischen Tipps, die man braucht, um seine Idee großformatig umzusetzen, kann man sehr wohl in 3 Tagen lernen..."

Liebe Susanna Katter, wir bedanken uns ganz herzlich für deinen Input!

Fotos: Veronika Tanton, Susanna Katter