Onlinetalk "Hochqualifizierte Frauen und ihre Menschenrechte"

aus dem Physikmuseum echophysics Pöllau

03.04.2023
Veranstaltungen

Das Online Gespräch am 28. März aus dem echophysics Physikmuseum Pöllau mit Wissenschafterinnen und Studierenden aus Afghanistan, dem Iran, der Ukraine und der Steiermark legte den Fokus auf die prekäre persönliche und berufliche Situation von Frauen sowohl in den aktuellen Krisengebieten als auch in der Wissenschaftswelt im Allgemeinen.

Amena Karimyan, Zivilingenieurin und Astronomin aus Afghanistan, berichtete über die Repression und Bedrohung von Frauen in ihrer Heimat und über die Hindernisse bei ihrer Flucht, die österreichische Behörden errichteten, sodass ihr hier kein Bleiberecht zuerkannt wurde und sie in Deutschland um Aufnahme ansuchte, wo sie derzeit in Stuttgart lebt. Die anerkannte Expertin, eine gefragte Referentin in zahlreichen europäischen Wissenschaftszirkeln, kämpfte vor ihrer Flucht für die Rechte der Frauen unter dem Talibanregime und unterstützt auch weiterhin Frauen nach Kräften aus ihrem Asyl.
Golbakht Sharifi ist eine  junge Medizinstudentin aus Kabul, derzeit im Iran, die kurz vor ihrem Studienabschluss abbrechen musste, weil das Regime alle Bildungseinrichtungen für Frauen und Mädchen gesperrt hat. Ihr Wunsch, die medizinische Versorgung am Land und besonders für Frauen verbessern zu helfen, wurde so jäh unterbunden. Trotzdem engagiert sie sich weiter und ist damit stets von Übergriffen bedroht. Beide Frauen betonten die Wichtigkeit und Bestärkung, die sie durch die Wahrnehmung dieser Situation in Afghanistan im Westen erfahren.
Larysa Zhdamarova ist Mikrobiologin aus der Ukraine und lebt seit dem Frühjahr 2022 in Graz. Sie musste ihre wissenschaftliche Arbeit wegen des Krieges überstürzt verlassen und versucht sich, getrennt von Familie und Freunden, weiterhin in ihrem Fach zu betätigen. Allerdings wird sie als erfahrene Epidemologin in Europa nicht anerkannt, sodass sie vom aktuellen Wissenschatdiskurs ausgeschlossen ist.

Die Grazer Soziologin (Gender Studies) und Künstlerin Felicitas Fröhlich  untermauerte mit Daten aus Untersuchungen und Studien, dass Frauen auch abseits von Krisen und Konfliktherden im Wissenschaftsbetrieb gegenüber männlichen Kollegin schwerer Fuß fassen – nicht nur wegen Karriereunterbrechungen aus familiären Gründen.
Unter der Moderation von Evelyn Schalk  entspann sich ein angeregtes Gespräch mit den Teilnehmer:innen, das von Frau Farzana Zakeri zwischen Farsi und Deutsch übersetzt wurde.

Die Veranstalterinnen Michaela Zingerle (Styrian Summer Art), Edith Zitz (inspire thinking) und Sieglinde Hofbauer, die Initiatorin dieser Veranstaltung, betonten die Bedeutung derartiger solidarischer Veranstaltungen für beide Seiten und erklärten das Interesse, die Verbindungen aufrecht zu erhalten und weiter Initiativen setzen zu wollen.

Styrian Summer Art kooperiert in diesem Projekt mit inspire thinking und dem Projekt  Anerkannt! (Edith Zitz) und Fivestones, die sich als Plattform für die afghanische Community zur Aufgabe gesetzt haben, die Integration von zugewanderten Menschen in die österreichische/europäische Gesellschaft zu unterstützen. Und natürlich mit echophyics  Zentrum für europäische Physik, das uns seine Räumlichkeiten zur Verfügung stellte. 
Eine Veranstaltung im Rahmen des Frauen*März von  0803.at

Frauen sind in der Wissenschaft und der forschenden Industrie nach wie vor unterrepräsentiert

Die Wissenschaft ist in allen Ländern ein vorwiegend männlich dominiertes Feld. Weltweit beenden Frauen ihre wissenschaftlichen Karrieren weit häufiger als ihre männlichen Kollegen und sind weniger häufig in Forschungseinrichtungen angestellt. Und das, obwohl die Zahl der Studierenden an Hochschulen zwischen den Geschlechtern ausgeglichen ist. 

Forschende Frauen arbeiten durchschnittlich – auch bei gleicher Qualifikation – in niedrigeren Positionen als ihre männlichen Kollegen. In Ländern des Südens sind Frauen noch schwächer in die Wissenschaft integriert als in OECD-Ländern. Afghanische Studierende und Wissenschaftlerinnen haben überhaupt keine Perspektive mehr in ihrem Land. Im Dezember 2022 hat die Taliban-Regierung beschlossen, den Frauen den Zugang zur Hochschulbildung zu untersagen. Damit missachtet sie die Menschenrechte und die Grundfreiheit von Frauen und Mädchen. Der Zugang zu Bildung ist ein Grundrecht, das nicht aufgrund des Geschlechts verwehrt werden darf"

Fotos: SSA, Mariana Kienzl