Mein erstes Mal – Styrian Summer Art hat einen Fan mehr

01.11.2019

Klar hab ich schon davon gehört und natürlich ist mir auch aufgefallen, dass in Pöllau ganz schön viel Kultur zu finden ist, vor allem im Sommer. Aber irgendwie hab ich´s nie geschafft teilzunehmen - vielleicht kennt Ihr das ja: zu faul, zu beschäftigt, zu weit weg… Aber heuer ist ein kleines Wunder passiert, das mich quasi mit sanfter Gewalt einem liebevollen Schicksal in die Arme getrieben hat.

Michaela Zingerle, die Organisatorin dieses kulturellen Sammelsuriums, fragte mich, ob ich Lust hätte, ihr bei der Organisation zu helfen und bereit wäre, auch tatkräftig Hand anzulegen. Ich sagte sofort begeistert zu - genau mein Ding, wie ich nach näheren Erklärungen feststellte. Ich liebe "hands on", kreative Lösungen finden und vor allem ganz, ganz tief in Kunst und Kultur eintauchen. Dass ich so tief eintauchen würde, dass es mich gar nicht mehr loslässt, hätte ich allerdings nicht erwartet. Dass ein Monat voller Workshops derartig abwechslungsreich, faszinierend und sogar zum Brüllen komisch sein würde, hat mich zum absoluten Styrian Summer Art Groopie gemacht.

"Kannst du bitte morgen Model sitzen?" "Iiiiich???" entfuhr es mir fassungslos - sowas hab ich noch nie gemacht und schön genug bin ich auch nicht. Meine Unsicherheit wurde liebevoll weggelächelt und so fand ich mich im Kreise talentierter Laien, die von der wundervollen Julia Bauernfeind mit hochprofessioneller Expertise bereichert wurden. Bewegungslos zu sitzen hab ich beim Meditieren gelernt, aber dabei von einem Duzend Augenpaaren angestarrt zu werden, fühlte sich zunächst doch sehr seltsam an. Aber als ich dann die Resultate sah…ich sag euch was, ich hab ganz schön viele Gesichter. Alles in Öl und das in den lichtdurchfluteten Räumlichkeiten der Ölmühle Fandler. So super!

Zum Glück hatte ich die Chance, bei so gut wie allen Workshops wenigstens ein bisschen reinzuschnuppern. Sie alle hier zu beschreiben, würde natürlich voll den Rahmen sprengen, schade eigentlich. Also versuche ich zusammenzufassen, was mich am meisten fasziniert hat (könnte allerdings auch den Rahmen sprengen). Kalligraphie zum Beispiel. Ich liebe ja das Wort in jeder Form, aber das gemalte ist definitiv das Ästhetischste. Was die alles zustande gebracht haben, die blutjungen und schon länger Erwachsenen, die sich mit der phantastischen Claudia Dzengel unter den bombastischen Fresken des Refektoriums versammelt hatten…unfassbar toll!

Oder die coolen Street Art Sprayer - definitiv die jüngere Altersgruppe, die im Schlosshof von Gernot Passath in der Kunst des Grafitti-Sprühens unterwiesen wurden - wie cool war das denn?! Hoch über ihren Köpfen, im lichtdurchfluteten Korridor im zweiten Stock, tüftelten derweil in unerhörter Akribie Naturbegeisterte ihre zarten Besonderheiten der Botanischen Illustration. Jede mit ihrem Blümchen vor der Nase und riesigen Lupenbrillen im Gesicht, charmant umsorgt vom großartigen Alois Wilfling. Enorm, was da an flatterhafter Zartheit entstand - man war fast irritiert, dass die Kunstwerke keinen betörenden Blütenduft verströmten. Faszinierend!

Große Gesten, klare Ansagen und ganz viel schauspielerisches Talent bewiesen die Zauberlehrlinge von Alice Mortsch beim Improvisationstheater, das im barocken Ambiente des Festsaales das Publikum begeisterte. Echter Wow-Effekt! Apropos Effekt: Helga Chibidziura, die Königin des experimentellen Siebdrucks, verführte ihre Teilnehmenden zu unerhört stylischen Textildrucken. Ich will auch so ein Kleid! Der Mund blieb mir allerdings offen stehen, als ich ihr beim Ausladen half. Drei Stunden benötigte sie, um alle Utensilien, die beim Workshop benötigt wurden, in ihrem Bus zu verstauen. Ja, Idealismus und Kunst sind eindeutig ein Liebespaar.

Tränen gelacht haben wir schließlich bei den Kinderworkshops. Wie originell und kreativ der Nachwuchs zum Beispiel in Ton gestaltete, war einfach umwerfend. Die geniale Barbara Schmid verstand es mit Herz und Humor, die kleinen Künstlerinnen und Künstler zu gestalterischen Höchstleistungen zu motivieren und ihre Werke in Geschichten zu verpacken, die dann verfilmt wurden. Grenzgenial! Apropos grenzgenial: Cym, die holländische Programmierkünstlerin Simone van Groenestijn, brachte kleinen Computerfreaks das Programmieren eigener Spiele bei und die funktionierten auch. Gespielt haben dann bei der Werkschau in erster Linie die Väter, die stolzen Söhne und Töchter gaben Tipps. Und ab und zu grinste eine Ziege zum Fenster herein.